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Taufe
Bis spät ins 20. Jahrhundert wurde in unserer alten Heimat der neue Erdenbürger im Vaterhaus geboren. Die Geburt selbst, bei der der Vater des Kindes nicht in der Stube sein durfte, ließ sich durch allerlei sinnbildliche und geistige Mittel erleichtern. Allgemein üblich war das Lösen alles Geknüpften wie Knoten, Bänder, Zöpfe. Alle Fenster wurden geschlossen und zugehängt. Andere, die Geburt bzw. die Entbindung erleichternde Mittel waren wärmende, krampfstillende Mittel zum Einnehmen oder zum auf den Leib legen - beispielsweise ein warmer Brei aus Roggen und Kornblüte. Über die Geburt wachte eine Hebamme. Befürchtete man Schwierigkeiten bei der Geburt, so wurde die werdende Mutter ins Kreiskrankenhaus nach Hermannstadt gebracht.
Damit die junge Mutter nicht gleich zur schweren Feldarbeit herangezogen wurde, durfte sie das Haus erst verlassen, wenn das Kind getauft war, und das waren in der Regel ca. 4-6 Wochen nach der Geburt. Dieses war eine kluge vorbeugende Schutzmaßnahme, um die Gesundheit der Mutter nicht zu gefährden. Die Frauen der Nachbarschaft, Anverwandte und Bekannte brachten der noch "einsitzenden" Wöchnerin und ihrer Familie in dieser Zeit "Essen", zumeist stärkende Fleischsuppen und kräftigende Mehlspeisen (Kuchen aller Art).
Für das Neugeborene schnitt man Windeln aus alten Leintüchern. Die Wäsche - Hemdchen mit Spitzenkrause, Häubchen und Jäckchen waren selbstgefertigt. Der Säugling wurde in ein steifes Trag- oder Steckkissen gepackt, es verlieh einen besseren Halt beim Umgang mit dem Kind. Die Mütter stillten ihre Kinder manchmal bis zu ihrem zweiten Lebensjahr. Als Schnuller ("Zutsel") diente früher ein in süße Milch getauchtes Brotstückchen.
Altsächsische Sitte kam auch bei der Taufe zum Tragen, die ungefähr vier Wochen nach der Geburt des Kindes stattfand. Es galt als große Ehre, die Patenschaft eines Säuglings zu übernehmen; sie durfte nicht abgelehnt werden.
Am Sonntagmorgen vor dem Gottesdienst brachten die Mütter der bestellten Taufzeugen in einer Suppenterrine den Eltern des Täuflings süßen Wein und wünschten bei der Übergabe Glück und Gottes Segen. Wenn die Glocken zum Gottesdienst läuteten, versammelten sich die Taufpaten im Elternhaus des Täuflings, um diesen und die Mutter für den Kirchgang abzuholen. Die Taufpaten, Mutter und Kind gingen geschlossen zur Kirche, wobei die älteste Patin oder die Hebamme das Kind tragen durfte.
Die Taufe selbst war stets eingebunden in einen Gottesdienst. Im Beisein aller Gottesdienstbesucher wurde das Kind somit von Anbeginn an in die Gemeinschaft eingebettet.
Die Paten versammelten sich um das Taufbecken, und der Pfarrer trat zu ihnen. Er las das Glaubensbekenntnis vor, fragte nach dem Namen des Kindes und der Bereitschaft der Taufpaten, den Eltern bei der Erziehung des Kindes im christlichen Glauben, behilflich zu sein. Durch ein symbolisches Kreuz, das dem Täufling auf die Stirn gestrichen wurde, war der Bund mit Gott geschlossen. Ein Rundgang um den Altar bekräftigte die stattgefundene Taufhandlung.
Auch auf dem Rückweg zum Elternhaus hatten die Taufpaten in der traditionellen Aufstellung zu gehen. Wenn es in der Familie oder von den geladenen Gästen kleinere Kinder gab, suchten die sich einen Hammer oder Stein und sobald die Taufpaten sich dem Haus näherten klopften sie ins Gassentor. Dafür erhielten sie von den Taufpaten Geld; was dieser alte Brauch bedeuten sollte, weiß heute keiner mehr genau.
Zu Hause begrüßte der älteste Taufpate die Familie und übergab der Mutter das Kind, mit etwa folgender Redensart: "Wir haben euer Kind als einen kleinen Heiden hinausgetragen und bringen es euch als Christen zurück. Unser Pfarrer hat es mit Gottes Wort eingesegnet und mit Fürbitte in unsere christlich- evangelische Gemeinschaft aufgenommen. Wir Taufpaten haben unser Jawort dazugegeben, und wir versprechen mitzuhelfen, dass euer Kind in unserem Glauben erzogen wird." Der Vater dankte den Taufpaten für diese Worte und hieß alle herzlich willkommen zu diesem schönen Fest. Beim Abschied überreichten die Taufpaten, aber auch alle anderen Gäste ein Geldgeschenk für das kleine Patenkind.
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Konfirmation
Im siebenten Schuljahr erhielten die Kinder bis zur Schulreform 1948 neben dem Religionsunterricht auch die Konfirmandenunterweisung, die meistens ab Neujahr erteilt wurde. Danach wurde in den verstaatlichten Schulen kein Religionsunterricht mehr erteilt. Die Konfirmation wurde am Palmsonntag gefeiert. Dies war ein überaus bedeutender Tag für die ganze Gemeinde, besonders aber für die Familien, deren Kind konfirmiert wurde. Mit der Konfirmation übernahmen die jungen Leute einen Teil der Rechte und Pflichten der Erwachsenen.
Im Sinne eines alten Brauches wurde fünf Wochen vor der Konfirmation damit begonnen, Sonntag für Sonntag im Gottesdienst von je zwei Konfirmanden, je einem Mädchen und einem Jungen, einen Spruch aufsagen zu lassen. Dem Inhalt nach waren es Bekenntnisse zum christlichen Glauben, von den Konfirmanden im Dialog oder auch als Einzelvortrag dargeboten. Der Konfirmationsgottesdienst war einer der feierlichsten im ganzen Kirchenjahr, zumal es die erste Gelegenheit für junge Leute war, am Abendmahl teilzunehmen. Alte Sitte schrieb vor, dass man vorher alle nahen Verwandten, insbesondere aber den Taufpaten danken und sie um Verzeihung bitten musste, wichtige Voraussetzung um mit "reinem Gewissen" vor den Altar treten zu können, wenn das Heilige Abendmahl zum ersten Mal empfangen wurde.
Die Konfirmation war auch Voraussetzung für die Aufnahme, das "Eingrüßen", in die Bruder- und Schwesternschaft. Nach dem "Zugang", der Aufnahme der Frischkonfirmierten in diesen Verband, waren sie vollberechtigte Mitglieder dieser Körperschaft. In der Kirche erhielten die Jugendlichen, zu denen sie sich nun zählen durften, neue Sitzplätze nach strenger Sitzordnung. Des Weiteren war ihnen ab nun die Teilnahme an allen Vergnügungen der Jugend erlaubt sowie die Möglichkeit geboten, Taufpate sein zu dürfen. Nach dem Gelöbnis, als rechter Christ zu leben, wurde jeder Konfirmand einzeln eingesegnet und erhielt vom Pfarrer seinen Konfirmationsspruch.
In den 1960er und 1970er Jahren war es für die jungen Konfirmanden nicht selbstverständlich, an dem Konfirmationsunterricht teilzunehmen. Die politischen Machthaber des Landes versuchten, die jungen Leute von der Kirche und dem christlichen Glauben fernzuhalten; dieses geschah, indem an Sonntagen meistens schulische Aktivitäten angeordnet wurden. Am Konfirmandenunterricht konnte man nur heimlich teilnehmen.
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Hochzeit
Bis zum Zweiten Weltkrieg spielte die Vermögenslage auch bei der Partnerwahl eine entscheidende Rolle. Nach sorgfältiger Abwägung der jeweiligen Besitzverhältnisse kamen die Väter überein, die Eheschließung der Kinder herbeizuführen. Insbesondere bei den wohlhabenden Bauern wurde nach der Zuneigung der Heiratswilligen nicht gefragt, wenn man auch nicht unterstellen sollte, dass diese in allen Fällen fehlte. Die ärmeren Dorfbewohner waren bei der Partnerwahl freier, weil es kein Vermögen gab, das zu Rücksichten zwang. Auch in Kleinscheuern heirateten Jugendliche wohlhabender Familien in der Regel untereinander. Es kam sogar zu Verwandtenheiraten. Das war aber eher selten der Fall, denn im Ort war die Mittelschicht stark vertreten, und die Partnerwahl war dementsprechend auch weit gefächert.
Früher waren Neigungsheiraten in Kleinscheuern zwar nicht ausgeschlossen, doch das Werben und Freien war meistens Sache der betreffenden Familien. Der Vater, das Oberhaupt der Familie, bestimmte nach wohlüberlegter Prüfung, dass die Heirat nicht unter dem gesellschaftlichen Stand der Familie geschah. Die Brautleute waren in der Regel noch sehr jung, besonders das Mädchen, oftmals lag die Konfirmation nicht weit zurück. Den ersten Schritt zur Heirat musste der junge Mann tun. (Nach geltendem Gesetz war eine Eheschließung ab dem 16. Lebensjahr zulässig)
Die Anfrage des Burschen, der sein "Begehren" den Eltern des Mädchens in den im Ort festgelegten Wortlaut vorbrachte, war der erste Punkt. Erst nach erfolgter Zusage durch die Eltern der Auserwählten, konnte nun sein Vater bei den zukünftigen "Gegeneltern" um das "Versprechen" (Zusage) bitten und sich erkundigen, ob denn nun alles richtig sei. Wenige Tage nach dem "offiziellen Werben", nachdem das befreiende "Ja" erfolgt war und die beiden Brautleute sowie die Eltern des Mädchens ihren Entschluss mit Handschlag bekräftigt hatten, wurde Verlobung gefeiert.
Das Verlobungsfest galt als ganz besonderer Einschnitt im Leben der Jugendlichen, denn es wurde vom Brautpaar als Symbol des Abschiedes aus dem Kreise der Jugend angesehen. Am Verlobungstag - der meist ein Samstag war - ging das Brautpaar in eigens dafür bestimmter Tracht gekleidet, durch das Dorf, um persönlich die Gäste zu diesem Fest einzuladen.
Für die Feier im Hause der Braut wurden zwei Zeugen bestellt, meist waren es dieselben, die bei der Hochzeit die Rolle der Trauzeugen übernahmen. Gemeinsam mit dem Brautpaar gingen diese zum Gebet ins Pfarramt, wobei das Aufgebot bestellt und die jungen Leute ins Kirchenbuch eingetragen wurden. Nach der Rückkehr aus der Kirche fanden sich im Elternhaus der Braut die ersten Gäste ein, um mit Glückwünschen aufzuwarten.
Für die Braut war dieser Abend in besonderer Weise aufregend, nach altem Brauch wurde im Wechsel zwischen Jugendfreundinnen, Vertreterinnen der Schwesternschaft und der Braut das Verlobungslied in sächsischer Mundart gesungen. Hierbei wurde insbesondere der Braut für ihren Solopart viel Mut abverlangt, zumal sie niemals vorher vor versammelter Menschenmenge allein gesungen hatte. Kaum war die letzte Strophe verklungen, wurde der Braut ein Blumenkranz oder -strauß mit einem so genannten Brautbrief überreicht, der Glückwünsche, ausgewählte Gedichte und Sinnsprüche sowie die Unterschriften von den erschienenen Jugendfreundinnen enthielt. Verfasst wurde der Brief von der "besten Freundin" der Braut, die auch die Auswahl der Gedichte und Sprüche besorgt hatte.
Im Hof versammelten sich gemeinsame Jugendfreunde (Vertreter der Bruderschaft) des Brautpaares und gaben nun selber ein Abschiedsständchen zum Besten. Sie wurden ebenfalls mit Wein, Likör, Schnaps und Gebäck bewirtet. Der Bräutigam bedankte sich in "gewählten Worten" bei seinen Freunden für das Ständchen und für die Glückwünsche. Ganz spät am Abend verabschiedeten sich die Jugendlichen von der Verlobungsgesellschaft. Erst jetzt fand das Brautpaar die Zeit, sich etwas ausgiebiger um die geladenen Gäste zu kümmern, die bis dahin allerdings bestens versorgt worden waren, mit feinem Gebäck, vor allem aber mit der typisch siebenbürgischen Hanklich. Nach einem ausgiebigen Festschmaus feierten die Verlobungsgäste fröhlich bis in die frühen Morgenstunden. Es wurden bekannte Volksweisen gesungen, es wurde getanzt und gelacht. Schließlich sollte sich die Verwandtschaft beider Seiten festigen und diese einander näher kommen.
Der Brautstand dauerte mehrere Wochen. In dieser Zeit erledigte das Brautpaar alle notwendigen Amtsgänge für die standesamtliche und kirchliche Trauung, die vom Bürgermeister bzw. vom Dorfpfarrer persönlich vorgenommen wurde.
Eine Woche vor dem Hochzeitsfest luden die Väter des Brautpaares und das Brautpaar selbst, nach einer sorgfältig erstellten Gästeliste, zur Hochzeit ein. Das Brautpaar übernahm die Einladung der jugendlichen Gäste sowie die der "Brautmägde" und "Brautknechte", welche unentbehrliche Hilfskräfte bei der Vorbereitung und bei der Hochzeitsfeier waren. Ein paar Tage vor der Trauung wurden von allen Seiten Naturalien ins Hochzeitshaus (ins Haus des Bräutigams) gebracht. Die Brautmägde sammelten im Dorf u. a. Körbe voller Eier, die zum Backen der Hanklich unverzichtbar waren. Die Hochzeitsmütter erbaten sich Hilfe für die Vorbereitungen bei den Verwandten und Bekannten.
Es war eine Hilfeleistung, die auf Gegenseitigkeit beruhte, denn jede Familie kam irgendwann mal in die Situation, für die eigenen Kinder eine Hochzeit vorbereiten zu müssen. Nur Dank eines vorbildlichen Gemeinschaftslebens konnte so ein riesiges Fest veranstaltet werden, zudem nicht selten 350 bis 400 Gäste geladen waren.
Für die Hochzeitsfeier musste der Gemeindesaal gemietet werden, der als Speisesaal diente und gleichzeitig als Tanzlokal (die Tische wurden dabei von den Brautknechten beiseite geräumt, um erst bei der nächsten Mahlzeit wieder aufgestellt zu werden). Bevor der Gemeindesaal in Kleinscheuern gebaut wurde und in der ersten Nachkriegsjahren, fanden die Hochzeiten in kleinerem Rahmen statt, denn man hatte ja nur das eigene Haus zur Verfügung. Dementsprechend wurden auch kleinere Musikantengruppen bestellt. Später, als im Gemeindesaal gefeiert werden konnte, wurde die Blaskapelle oder entsprechend größere Tanzkapellen verpflichtet (Fünf- bis Sechs-Mann-Kapellen etwa seit den 1950er Jahren).
In neuerer Zeit war der Mittwoch Beginn der großen Vorbereitungen für das Hochzeitsfest. Für die Brautmägde bedeutete dies den Anfang eines "Großeinsatzes". An diesem Tag wurde im Hochzeitshaus (im Haus des Bräutigams) zunächst das Brot nach altem Rezept gebacken. Außerdem wurden abwechselnd Nussstrudel und Hanklich gebacken.
Am Samstag in der Früh erschienen dann die am Vortag nochmals extra eingeladenen Frauen zur Endphase der Vorbereitungen. An allen Ecken im Haus und auf dem Hof wurde emsig gearbeitet. Mehrere Frauen zerlegten die geschlachteten Hühner, um sie für die Suppe und den Hühnerbraten vorzubereiten, etliche waren weiterhin mit dem Backen beschäftigt, andere schnetzelten Sauerkraut für das zweite große Hochzeitsmahl (Krautwickel), das vor Mitternacht gereicht wurde. Außerdem wurde Brot in kleine Würfel geschnitten für die so genannte "Wengenbrook" (Weinsuppe), die als erstes serviert wurde, sobald Brautpaar und Gäste im Gemeindesaal versammelt waren.
Die "Brautknechte" hatten die Aufgabe, alles Nötige aus dem Hochzeitshaus in den Gemeindesaal zu befördern. Tische und Bänke wurden von den Nachbarschaften ausgeliehen, um die Hochzeitstafel vorzubereiten. Die "Brautmägde" brachten in Körben die Tischdecken, das Geschirr und das Besteck vom Pfarrhof, wo diese zwischen den Hochzeiten aufbewahrt wurden. Sie deckten die Tische, sorgten für die Dekoration und reinigten die Saalküche, bevor alle Lebensmittel gebracht wurden.
Die Braut hatte an diesem Tag noch eine besondere Aufgabe zu erfüllen. Etwa um die Mittagszeit besuchte sie, in Tracht gekleidet, den Bürgermeister und den Pfarrer, um ihnen eine Kostprobe von der frischgebackenen Hanklich.
Der eigentlich wichtigste und schönste Tag war natürlich der Hochzeitstag, der Tag der Abholung der Braut aus dem Vaterhaus. In der Früh, etwa kurz nach 9 Uhr, kam der Bräutigam zum Hause der Braut, um sie abzuholen. Gleichzeitig trafen auch die ersten Gäste und die Musikkapelle ein, die dem Brautpaar zur Begrüßung ein Ständchen spielte. Dann ging es, aufgestellt zu einem Festzug, allen voran das Brautpaar, zum Gemeindesaal. Jetzt verteilten die Brautmägde an alle männlichen jugendlichen Hochzeitsgäste kleine Sträußchen aus Kunstblumen, die sich diese als Zeichen dafür, dass sie Hochzeitsgäste waren, am Rockrevers oder am Hut anstecken ließen. Der "Hochzeitsvater", ein von den Hochzeitsgebern bestellter Festredner, begrüßte die Hochzeitsgäste und hielt eine ermunternde Ansprache an das Brautpaar. Gegen 11 Uhr vormittags wurde die traditionelle Weinsuppe aufgetragen, danach gab es ein deftiges Gulasch mit Kartoffeln und Salatbeilagen. Nach diesem Mahl wurden das Brautpaar, die Eltern sowie die nächsten Verwandten (Geschwister und Großeltern) beider Parteien vom "Hochzeitsvater" aufgefordert, sich gegenseitig mit einem kräftigen Händedruck zum neuen Verwandtschaftsverhältnis zu bekennen. Somit wurde ein neues großes Familienband geknüpft.
Nun wurde alles für den Kirchgang vorbereitet. Auch die Aufstellung der Hochzeitsgäste für den Kirchgang wurde nicht dem Zufall überlassen. Vorneweg gingen die Jugendlichen, gefolgt vom Bräutigam mit den zwei männlichen Trauzeugen, dann kamen die Väter, der Hochzeitsvater, die Großväter und schließlich alle anderen männlichen Gäste nach Alter und Verwandtschaftsgrad. Danach erst folgte die Braut mit den zwei weiblichen Trauzeugen, Mütter, Großmütter und den übrigen Frauen, ebenfalls nach Alter und Verwandtschaftsgrad. In der Kirche warteten bereits Pfarrer, Kirchenchor und Organist. Beim Klang der Orgelmusik hielt die Hochzeitsgesellschaft Einzug ins Gotteshaus.
Mit dem Worte Gottes und unzähligen guten Ratschlägen, die er dem Brautpaar auf den gemeinsamen Lebensweg mitzugeben pflegte, forderte der Pfarrer die jungen Eheleute auf, sich vor versammelter Hochzeitsgesellschaft das "Ja-Wort" zu geben und den Schwur der ewigen Liebe und Treue zu leisten. Die Ringe wurden getauscht, und der Pfarrer segnete den neuen Bund.
Die Musikkapelle, die vor dem Eingang gewartet hatte, schritt nun vor dem Hochzeitzug her und spielte Marschmusik bis zum Haus der Hochzeitsgeber. Die nicht geladenen Gemeindeglieder säumten den Straßenrand bis zum Hochzeitshaus, um den vorbeiziehenden Festzug zu bewundern. Im Hof des Hochzeitshauses hatten Verwandte zwischenzeitlich bereits einen großen mit schönbestickter Tischdecke abgedeckten Gabentisch aufgebaut, an dem das junge Paar nun die Geschenke der Hochzeitsgäste entgegennahm.
Der "Hochzeitsvater" leitete diesen Vorgang mit einer Ansprache ein, beglückwünschte das Paar zu ihrem Hochzeitstag und gab ihnen gute Ratschläge auf den gemeinsamen Lebensweg.
Der Kleinscheuerner Chor singt: "Ich bete an die Macht der Liebe"
Anschließend bat er die Hochzeitsgäste, dem Paar mit einem kleinen Geschenk den Start zur Gründung eines neuen Haushaltes zu erleichtern.. War dieser Vorgang beendet, zogen sich die Gäste nach und nach zurück, um die schwere Kirchentracht abzulegen und sich entsprechend für den unterhaltsameren Teil des Festes vorzubereiten. Fast unbemerkt vollzog sich dieser Vorgang, denn in dieser Zeitspanne wurden die vielen "Zaungäste", die das "Gaben" neugierig beobachteten, von den Brautmägden bewirtet und mit Hanklich bedacht.
Im Anschluss daran ging es - die Musikkapelle und das Brautpaar an der Spitze des Festzuges - wieder in den Gemeindesaal. Tüchtige Helfer hatten zwischendurch dafür gesorgt, dass die Tischreihen abgebaut und der Saal zu einer riesigen Tanzfläche umfunktioniert wurde. Alle Anwesenden, selbst die Nichtgeladenen, die als Zuschauer gekommen waren, wurden nun aufgefordert, zu tanzen und mitzufeiern. Nachmittags, etwa um 17 Uhr, verließen die "Nichthochzeitlichen" das Fest, und nun war die Hochzeitsgesellschaft unter sich. Die Tische wurden wieder aufgebaut, fleißige Hände halfen beim Decken. Es wurde die Hauptmahlzeit, die traditionelle Hochzeitssuppe und ein Hühnerbraten mit Tomatensauce, serviert. Zu dieser Mahlzeit war der Pfarrer eingeladen, der das Tischgebet sprach und einen Platz neben dem Brautpaar zugewiesen bekam. Zum Tanzen wurden danach die Tische wieder zur Seite geräumt, und weiter ging es mit fröhlicher Unterhaltung bis gegen Mitternacht.
Kurz vor Mitternacht servierte man Krautwickel (gefülltes Sauerkraut) mit Rahm und selbstgebackenem Brot. Während dieser Mahlzeit verschwand plötzlich die Braut, sie wurde "entführt" und versteckt. Die Brautknechte suchten verzweifelt nach der Entführten, um sich einen Ehrentanz mit ihr zu sichern. Derjenige, der die Braut gefunden hatte, durfte den Brauttanz eröffnen. Nachdem der glückliche Finder mit der Braut getanzt hatte, wurde sie an einen anderen weitergereicht. Die Abfolge der Tänzer war genau geregelt; sie erfolgte nach Alter und Verwandtschaftsgrad.
Bei dieser Gelegenheit wurde von jedem Tänzer eine kleine Spende erbeten, die als Grundstock für die Beschaffung von Babykleidung und Windeln gedacht war. Zuletzt durfte die Braut wieder mit dem Bräutigam tanzen, und die Jugend hüpfte um das Paar herum, immer engere Kreise um sie ziehend, so dass sie sich kaum noch bewegen konnten. Dieser Kreis sollte die enge Zusammengehörigkeit versinnbildlichen. Ein Lied, in siebenbürgischer Mundart gesungen, deutete der jungen Ehefrau an, dass der Jugendschmuck, der Borten, abzulegen sei, weil sie fortan zu den verheirateten Frauen zählte. Der Hochzeitsvater nahm ihr den Borten ab, gab ihn ihrer Mutter und bat sie, ihn als Erinnerung aufzubewahren. Die Feier war noch lange nicht zu Ende; es wurde bis in die frühen Morgenstunden weitergefeiert. In der Früh gab es zum Abschluss noch eine letzte Mahlzeit: Schweinebraten mit Brot und Salat sowie selbstverständlich allerlei Getränke. Das junge Paar wurde nun mit Marschmusik nach Hause begleitet. Jugendliche, die ihre Tanzlust immer noch nicht gestillt hatten, tanzten auf dem Weg im Kreis um sie herum. Im Hochzeitshaus erhielten sie zur Ernüchterung einen starken Kaffee, damit sie den Heimweg nicht verfehlten.
Endlich gönnte man dem Paar für einige Stunden die wohlverdiente Ruhe. Im Saal wurde unterdessen emsig aufgeräumt und geputzt. Das Geschirr musste auf den Pfarrhof zurückgebracht und Übriggebliebenes (Speisen und Getränke) ins Hochzeitshaus gefahren werden. Der zweite Hochzeitstag war der "Jungfrauentag". Zwölf Uhr Mittags ging die junge Frau in Tracht, begleitet von ihren weiblichen Trauzeugen, zur Kirche, um eingesegnet zu werden. Der Pfarrer erwartete sie an der Kirchentür und begleitete sie zum Altar. Er betete für sie, auf dass sie zu gegebener Zeit eine glückliche Mutter werde.
Schließlich kehrten sie zum Hochzeitshaus zurück, wo die versammelte Helferschar schon zu Tische saß. Diese wollte auch jetzt noch ihren Spaß haben, und so versteckte man drei gleichgekleidete junge Frauen unter einem großen Tuch oder Laken und forderte den jungverheirateten Mann auf, mit einem kleinen Kissen auf die Frau zu werfen, die er als die seine vermutete. Die Getroffene durfte sich bei ihm einen Kuss abholen. Oft traf der junge Mann daneben, was allgemeines Gelächter hervorrief. So endete die Hochzeit, und die Bewohner der Gemeinde hatten noch für viele Wochen ausreichend Gesprächstoff.
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Beerdigung
Die Feierlichkeiten nach dem Ableben eines sächsischen Nachbarn war in Kleinscheuern, wie auch in den meisten anderen Dorfgemeinschaften in Siebenbürgen, traditionell festgelegt. Ein Zeremoniell von ernster Würde bestimmte den Ablauf der einzelnen Handlungen im Rahmen des Gesamtgeschehens. Sämtliche Bereiche, wie Zurüstung des Toten, Totenwache, Klage, geordneter Gang zum Begräbnis und Leichenschmaus waren eingebunden in einen allgemeinen-kirchlichen Brauch. Der Tote wurde in der guten Stube aufgebahrt. Sterbegewänder waren meistens dessen Sonntagskleider.
Zur Totenwache am Vorabend des Begräbnisses kamen verwandte Frauen und Nachbarinnen. Sofern es keine stumme Trauer war, wurde am offenen Sarg laut geklagt. Die Klagende führte Einzelheiten, insbesondere Schicksalsschläge aus dem Leben der/des Toten und der Familie an, sie umschrieb den erlittenen Verlust zuweilen in beeindruckenden Bildern und beklagte das "Weggehen" in die kalte, dunkle "Stube ohne Fenster", sagte Dank, bat um Vergebung, gab Grüße an früher Verstorbene mit und wünschte eine selige Ruhe. Meist wurde den Frauen Wein und frisch gebackenes Brot gereicht. Früher gesellten sich auch Männer ins Trauerhaus, die aber nicht in die Stube kamen, sondern im "Haus" bei Kartenspiel und Wein zusammen saßen.
Die Beerdigung organisierte die Nachbarschaft, die auch zur Teilnahme verpflichtet war. Der Nachbarvater verständigte alle Nachbarn und bestimmte, wer das Grab auszuheben hatte. Die Familie des Verstorbenen musste die Beerdigung beim Pfarrer veranlassen, die Adjuvanten verständigen und einen "Leichenvater" für die organisatorischen Aufgaben, die während der Beerdigung anfielen, bestellen. Um der ganzen Gemeinde den Tod eines Gemeindegliedes mitzuteilen, wurde die Totenglocke eine Stunde lang geläutet.
Der Tote durfte seit dem 18. Jahrhundert nicht früher als 48 Stunden nach seinem Ableben beerdigt werden.
Unmittelbar vor dem Begräbnis verlangte der Nachbarvater den Toten aus dem Haus. Nach Rede und Gegenrede wurde der Sarg von den Nachbarn zugenagelt und in den Hof auf eine Totenbank gebracht. Die Adjuvanten spielten einen Choral und sangen ein Lied. Im Kreis der Leidtragenden sprach der Pfarrer ein Gebet und Trostworte an die Hinterbliebenen. Unter den Klängen eines Trauermarsches und der Kirchenglocken bewegte sich der streng geordnete Zug zum Friedhof. Adjuvanten und Pfarrer schritten vor dem Sarg, auch Abordnungen von Vereinen, sofern sie an der Beerdigung teilnahmen. Den Sarg trugen acht Nachbarn, vier an den Tragbäumen und vier an Schulterriemen. Verstarb ein Knecht, so trugen die Burschen der Bruderschaft den Sarg, verstarb ein Mädchen, taten dies die Mägde. Bei Schulkindern konnten diesen letzten Liebesdienst die Schulkameraden übernehmen, das Särglein von Kleinkindern trugen die Taufpaten unter dem Arm auf den Friedhof. Während der Sarg ins Grab gesenkt wurde, spielten die Adjuvanten "Näher mein Gott zu dir", manchmal auch "Ich hat einen Kameraden"- und von dem Lied jeweils so viele Strophen, bis das Grab zugeschüttet war.
Ein ausgewählter Wortführer der Trauerfamilie oder ein Familienmitglied nahm Abschied vom Verstorbenen, dankte für das Erscheinen der Trauergäste und der Nachbarschaft. Anschließend begab sich die Trauergemeinde in die Kirche zum Trauergottesdienst.
Nach Beendigung des Trauergottesdienstes, während dessen die Adjuvanten dem Pfarrer musikalisch Unterstützung boten, stellten sich die Trauergäste vor der Kirche in zwei Gruppen auf, auf der einen Seite die Nachbarschaft und auf der anderen Seite die Anverwandten. Hier dankte der "Leichenvater" nochmals der Nachbarschaft für die Unterstützung an der Gestaltung der Beerdigung. Anschließend gab es für die Beteiligten im Trauerhaus ein schlichtes Totenmahl,. Diese gemeinsame Mahlzeit war vor allem als Wegzehrung für auswärtige Trauergäste gedacht.
Die Trauer hielt auch über die Beerdigung hinaus an, äußerlich erkennbar an der dunklen Kleidung und dem Fernbleiben von jeglichen fröhlichen Veranstaltungen, besonders vom Tanz. Sie dauerte bei Nächststehenden ein halbes Jahr und bei ferneren Verwandten vier bis sechs Wochen.
Durch das naturverbundene Leben, das man auf dem Land führte, nahm man den Tod, besonders nach einem erfüllten Dasein, für selbstverständlich und gottgegeben. Dass nur Verwandte und Freunde um den Sterbenden waren und kein Fremder, dessen Dienstleistungen angefordert und bezahlt werden mussten, war für die Menschen im Dorf ein tröstlicher Gedanke und nahm dem unerbittlich letzten Weg einen Teil seiner Härte. Für das siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaftsleben kann es kein besseres Beispiel von Gegenliebe geben als dies Zeichen der "letzten Ehre", die man einem Mitbürger erwies. Die Ehrenbekundung gestaltete sich für jeden gleich und stellte ihn in eine lange Reihe von Einzelschicksalen, deren Summe die unverwechselbare Gemeinschaftsexistenz der Siebenbürger Sachsen prägte.